Am 02.05.1863 hatte sich ein Kreis gleichgesinnter Kölner Bürger zur Pflege kultureller Bestrebungen und geselliger Unterhaltung zusammengetan. Dieser Kreis erließ einen Aufruf an die Kölner Bevölkerung, in dem es u.a. hieß:
„ Die Bürgergesellschaft Köln soll eine gesellige Vereinigung der Bürger Kölns sein, ohne Unterschied des Ranges und des Standes, Jeder kann zur Aufnahme vorgeschlagen werden, der die Achtung seiner Mitbürger verdient und genießt“.
Alle Unterlagen – von denen leider sehr viele bei dem Einsturz des historischen Archivs Köln untergegangen sind – sprechen dafür, dass die Gründung von den damals führenden Köpfen Kölns ausging. August Reichensperger, Adolf Kolping, Johann Peter Bachem, der Advocatanwalt Max Dumont und Friedrich Baudri zählten zu den Gründungsmitgliedern unserer Gesellschaft.
Eine Vielzahl an Veranstaltungen wurde Jahr für Jahr durchgeführt – Ausflüge, Theaterabende, Herrenabende und man feierte auch schon intensiv Karneval.
Die Gesellschaft wuchs und wuchs. Und so wurde die Frage nach einem eigenen Heim immer dringender. Bei der Suche nach einem geeigneten Objekt tauchte der Name „ Neven DuMont`sches Etablissement“ in der Röhrergasse 21 auf. Der Eigentümer, Mathieu Neven, war bereits 1879 verstorben und seine Erben wollten das Anwesen nicht selbst nutzen. Der Vorstand rief daher die Mitglieder zur Bildung einer Finanzgesellschaft auf, die am 19.04.1893 unter der Namen Kölner Bürgergesellschaft AG gegründet wurde. Mit dem notwendigen Aktienkapital konnte das Anwesen schließlich erworben und am 22.09.1893 feierlich bezogen werden.
Bereits zu dieser Zeit wandelte sich die Bürgergesellschaft Köln von einer reinen Männer- zu einer Familiengesellschaft. Herrliche Feste und Bälle wurden gefeiert und wer etwas auf sich hielt, war Mitglied der Bürgergesellschaft Köln.
Geschicktes und planmäßiges Vorgehen der Aktiengesellschaft – insbesondere durch den eigenen Weinhandel – brachten diese bald in den Besitz aller Liegenschaften zwischen ihrem 1893 erworbenen Gesellschaftshaus, dem Mariengartenkloster und dem Appellhofplatz. Hier am Appellhofplatz fand am 20.01.1901 die feierliche Einweihung des neuen Zuhauses statt.
Ein großartiges Haus, mit einem Festsaal größer als der Gürzenich, einem Weinkeller, in dem über 400.000 Liter Wein lagerten, Restaurationsräumen – kurz gesagt: Ein Prachtbau. Die mittlerweile über 2.000 Mitglieder hatten wahrlich ein stattliches Heim. Und da die Bürgergesellschaft nicht nur für ihre Mitglieder, sondern für den Kölner schlechthin da war, konnten auch andere Gesellschaften, wie etwa die Lesegesellschaft, die Räume nutzen. 1906 wurde im Haus der Bürgergesellschaft auch die Prinzengarde Köln gegründet.
Die Zeit von 1901 – 1904 kann als die Glanzzeit der Gesellschaft bezeichnet werden. Der gute bürgerliche Mittelstand genoss das Leben und feierte die Feste, wie sie kamen. Sei es im Gürzenich, der Wolkenburg, in den Häusern der Casino- oder Lesegesellschaft oder eben im Hause der Kölner Bürgergesellschaft.
Das ständige Anwachsen der Mitgliederzahl, aber auch die Verpflichtung, für andere Kölner Vereinsversammlungen da zu sein, veranlasste die AG, neben dem bereits 1905 erworbenen Nachbargrundstück Appellhofplatz 28 auch das Haus Burgmauer 31 zu erwerben. Man begann mit dem Abbruch des Hauses Röhrergasse und errichtete hier einen Neubau innerhalb von zehn Monaten.
Mühelos konnten 7.000 bis 9.000 Personen im Haus der Kölner Bürgergesellschaft Aufnahme finden und hier rauschende Feste feiern.
Nach dem Ende des 1. Weltkrieges kam das Gesellschaftsleben erst nach und nach wieder zum Erwachen, dann aber so stark, dass die Bürgergesellschaft Köln 1921 über 3.000 Mitglieder hatte. Die bis heute nicht mehr erreichte Spitze wurde 1923 mit 4.174 Mitgliedern verzeichnet. Mit den dazugehörenden Familienangehörigen betreute die Gesellschaft somit ca. 10. bis 12.000 Menschen.
Neben dem geselligen Leben kamen zunehmend sportliche Aktivitäten in den Vordergrund. Im Jahr 1924 wurde ein eigener Tennisclub gegründet. Zu der gesellschaftlichen Bildung im Hause konnte so insbesondere die Jugend der Mitglieder ihrem Sport frönen.
Die zunehmende Wirtschaftskrise machte jedoch auch vor der Bürgergesellschaft Köln nicht Halt und spätestens mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten und den Beginn des 2. Weltkrieges gingen die Veranstaltungen auf ein Mindestmaß zurück. Bereits 1941 wurde das Haus der Kölner Bürgergesellschaft von Bomben getroffen und letztlich am 17.02.1943 nahezu vollkommen zerstört. Viel schwerer als diese materiellen Schäden waren die menschlichen Verluste. Millionen von Menschen wurden getötet, verstümmelt oder Familien auseinander gerissen. Existenzen wurden entwurzelt und alles umgekrempelt. Wer hatte in dieser Situation noch Sinn für ein bürgerliches Leben? Gab es überhaupt noch einen Sinn für die Pflege von Geselligkeit?
Am 21.07.1946 fand eine erste Mitgliederversammlung statt und schon am 11.08.1946 beendete die Jugend mit einem ersten Tanznachmittag die fünfeinhalbjährige Pause der Veranstaltungen in dem mühsam wiedererrichten Heim. Langsam erwachte das Bürgergesellschaftsleben wieder und schon 1948 erfuhr die Tradition der bekannten guten „Bürgerküche“ eine würdige Auferstehung.
Mit der Planung der Nord – Süd – Fahrt mussten in den Folgejahren größere Grundstücksteile an die Stadt Köln abgetreten werden. Und als die Rundfunk- und Fernsehanstalt eine Erweiterung ihrer Gebäude vom Wallrafplatz bis zum Appellhofplatz plante, verkaufte ihr die Kölner Bürgergesellschaft ihre Grundstücke und Gebäude und kaufte hierfür ein bereits enttrümmertes Grundstück an der Ecke Laurenzplatz / Unter Goldschmied. Bereits am 01.12.1959 war das neue Gebäude fertig und das neue Zuhause der Bürgergesellschaft Köln konnte feierlich eingeweiht werden. Um den Anforderungen nach mehr Wirtschaftlichkeit gewachsen zu sein, wurde das Gebäude jedoch nicht als reines Gesellschaftshaus genutzt. Es wurde Sitz des Senats – Hotels, benannt nach dem Senatorenhügel der Römerzeit. In den Fenstern am Laurenzplatz finden wir heute noch Motive der Bürgergesellschaft Köln als Familiengesellschaft, geschaffen von dem Kunstmaler Hanns Kirchner. Unzählige Veranstaltungen unserer Gesellschaft haben hier in den letzten Jahrzehnten stattgefunden.
Durch die Öffnung des Aktienmarktes auch für Nichtmitglieder der Bürgergesellschaft Köln wurden diese letztlich Mehrheitsaktionäre und beschlossen im Jahr 2009 den Verkauf des Hauses an einen Investor. Eine lange Tradition fand damit ihr jähes Ende.
Die Bürgergesellschaft Köln hat in den Jahrzehnten nie handelnd in das politische Leben Kölns eingegriffen. Sie war das Gesellschaftshaus der Kölner Katholiken, die aber ohne Engstirnigkeit Andersgläubigen nie den Eintritt verwehrte. So sind wir heute eine christliche Gesellschaft, stehen aber allen anderen Konfessionen offen gegenüber. Wir haben uns stets dafür eingesetzt, mit verschiedensten Aktionen, Akzente in unserer Heimatstadt zu setzen oder in Köln etwas zu bewegen. Die Aufstellung des Fringsdenkmals auf dem Laurenzplatz, des Petrusbrunnens auf der neuen Papstterrasse, unser Geschenk in Form der Josephsglocke an den Kölner Dom, Kleiderspenden an Bedürftige oder Kochkurse für Straßenkinder sind nur einige Beispiele unserer Arbeit. Wir tun dies, weil wir es für wichtig erachten, dass man sich für seine Heimatstadt engagiert. Wir verstehen uns nicht als Spaßgesellschaft, die in diesen Zeiten wohl immer mehr gefragt ist. Für Viele sind wir vielleicht zu konservativ oder sogar für manche Vorstellung zu langweilig. Hätte unsere Gesellschaft aber mehr als 150 Jahre überlebt, wenn wir an unseren Traditionen nicht festgehalten hätten?
Der Vorstand
der Bürgergesellschaft Köln von 1863